ERKLÄRUNG DES ZENTRALRATS DER ARMENIER IN DEUTSCHLAND (ZAD) ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DES TÜRKISCHEN VÖLKERMORDS AN DEN ARMENIERN VON 1915

  1. In zwei Jahren, am 24. April 2015, jährt sich zum einhundertsten Mal der dunkelste Tag in der Geschichte des armenischen Volkes und in der Geschichte der Türkei. Damals begann – mit der Verhaftung der armenischen Eliten im Osmanischen Reich – der Völkermord an den Armeniern. Eineinhalb Millionen Tote beklagen allein die Armenier, dazu kommen Hunderttausende Opfer unter den assyrischen Christen und unter den Pontosgriechen sowie unter anderen ethnischen und religiösen Minderheiten. Vertreibung, Flucht, Elend, Enteignung, später die Vernichtung des kulturellen Erbes und bis heute: Leugnung durch die offizielle Türkei als letzte Stufe des Genozids.

    Der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD) ruft die Öffentlichkeit, die Politik und die Medien eindringlich auf, Verantwortung zu übernehmen und endlich für eine rechtlich verbindliche Anerkennung des Genozids von 1915 ein zu treten. Die unverbindliche Positionierung des Deutschen Bundestags, der im Jahre 2005 die damaligen „Deportationen und Massaker“ immerhin öffentlich bekannt hat, ist völlig unzureichend. Die faktische Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland ist, mit Rücksicht auf den Bündnispartner Türkei, längst weit hinter diese Resolution des Parlaments zurück gefallen.

    Seit langem fordert der ZAD auch die Bestrafung von Völkermordleugnung. Es muss ein Ende haben, dass die Opfer von Völkermorden hierzulande der Leugnung ihres Schicksals hilflos ausgeliefert bleiben. In diesen Zusammenhang gehört ebenfalls die Forderung, das Thema Völkermord zum Gegenstand schulischer und außerschulischer Bildung zu machen.

    Die zentrale Gedenkfeier für die Opfer des türkischen Völkermords an den Armeniern findet auch in diesem Jahr wieder in der Frankfurter Paulskirche statt. Festredner sind der Schweizer Rechtswissenschaftler Prof. Marcel Niggli und der Historiker und Vatikanjournalist Michael Hesemann, die sich beide seit langem mit der Thematik der Armenier befassen. Der Abt der Wiener Mechitaristen-Kongregation, Paulus Kodjanian, wird das Gebet für die Seelen der Opfer sprechen.

    Der ZAD-Vorsitzende Azat Ordukhanyan: „Hundert Jahre Leugnung haben es nicht geschafft, den Genozid an den Armeniern vergessen zu machen. Im Gegenteil, dieses Menschheitsverbrechen ist heute tiefer denn je verankert im historischen Gedächtnis der Welt. Die Wahrheit, so sagt es der Schriftsteller Frank Thiess, ist eine unzerstörbare Pflanze, die sich auch durch felsigen Untergrund ans Licht arbeitet, wenn die Zeit dafür reif ist.  Die Zeit ist reif! Wer heute noch immer auf Unwissen pocht oder auf unzureichende historische Forschung, betreibt das Geschäft der Leugnung und verkauft die Wahrheit für einen politischen Deal mit einem wichtigen Bündnispartner.

    Die Erinnerung an die Opfer des Völkermords und das Engagement für die historische Wahrheit – beides ist Gegenstand der Gedenkfeier des ZAD in der Frankfurter Paulskirche.

    Der ZAD lädt dazu alle Freunde des armenischen Volkes ein und dankt schon jetzt für die Solidarität, die die Gäste den Opfern und ihren Nachfahren erweisen.

    Termin: am 24. April um 19 Uhr

    Vorstand des Zentralrats der Armenier in Deutschland

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    liebe Freunde,

    die Einladung zu Ihrer zentralen Gedenkfeier haben wir gerne angenommen, denn zwischen den Armeniern und den Griechen aus Pontos gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten aus der Vergangenheit, an die wir in der Feier erinnern wollen.
    Unsere Vorfahren teilten ihre Heimat und lebten in Kleinasien lange Zeit friedlich miteinander, sodass sich zwischen uns ein brüderliches Band knüpfte, trotz früherer theologischer Differenzen. Die Griechen haben Kultur und Gesellschaft Kleinasiens nachhaltig geprägt, wovon noch immer ein reiches archäologisches Erbe kündet. Ein Beispiel ist die Hagia Sophia von Trapezunta die zu unserem Endsetzen in eine Mosche  umgewandelt werden soll.

    Um 1914 betrug ihre Einwohnerzahl in Kleinasien nach osmanischen  Angaben 2,7 Millionen. Tatsächlich dürfte sie, auch angesichts der Politisierung osmanischer Statistiken, höher gelegen haben. Der Genozid, der an unseren Vorfahren, den Christen im Osmanischen Reich verübt wurde, bescherte den Menschen damals großes Leid. Und dieses Leid  verfolgt uns Griechen aus Pontos sowie Sie, die Armenier und die Assyrer / Aramäer bis zum heutigen Tage.

    In Kleinasien und Thrakien wurde ein grausames Stück Geschichte geschrieben. In den Jahren 1912 bis 1922 wurden 1,4 Millionen Griechen Kleinasiens und Ost-Thrakiens so wie Armenier Opfer organisierter staatlicher Gewalt. Ιn Ost-Thrakien und Ionien, ereignete sich das, noch vor den Armeniern. In nur acht Jahren und unter der Verantwortung zwei aufeinander folgender Regierungen nämlich der letzte Sultan, danach  Mustafa Kemal Pascha, kamen mindestens 353 Tausend Pontosgriechen durch Massaker, Todesmärsche und Hinrichtungen um, oder starben infolge unmenschlicher Behandlung. Über 1,7 Millionen kleinasiatische Griechen entgingen der Vernichtung nur durch Flucht und Evakuierung.

    Dank dem zwangsweisen Bevölkerungsaustausch, bedingt durch das  Lausanner Abkommen von 1923 waren allein  1,4 Millionen Menschen davon  betroffen.

    Griechenland hat die aus Kleinasien entwurzelten aufgenommen, ebenso wie 90.000 armenische Flüchtlinge. Aber in der neuen Heimat  fehlten in der damaligen Zeit die Infrastruktur um die Vertriebenen aufzunehmen. Zahlreiche Kleinasiaten mussten daher weiter wandern. Nachfahren der Überlebenden bzw. vertriebenen Griechen, leben heute außer in Griechenland noch in der weltweiten Diaspora. In Europa entstand eine  pontosgriechische Föderation mit 45 Vereinen. Man kann die in den letzten Jahren der osmanischen Herrschaft begangenen Gräueltaten nicht einfach verdrängen oder die historischen Wirklichkeit leugnen. Es bleibt eine Tatsache, dass an unseren Vorfahren Verbrechen gegen die Menschlichkeit  begangen wurden.

    Und deshalb sollten Armenier, Assyrer/Aramäer und Griechen aus Pontos und Kleinasien für die Anerkennung unser aller Genozide nur MIT EINER STIMME SPRECHEN.

    Die Stimme eines Einzelnen findet kein Gehör, aber die Stimmen vieler Menschen, die MIT EINER STIMME SPRECHEN, kann keiner überhören. Lasst uns unserer Freundschaft und unserem Leid gemeinsam gedenken. Lasst uns, unser Leid teilen und Miteinander sein.

    Lasst uns die Stimme jener Menschen sein, die nicht mehr zu sprechen vermögen.